Viele Urlauber haben sich diesen Sommer auf Flugchaos eingestellt. Das große Durcheinander an deutschen Flughäfen ist ausgeblieben – aber ganz so reibungslos lief es im Flugverkehr trotzdem nicht ab. Eine Bilanz.
Es war Anfang des Jahres, als die deutschen Airports und Airlines ein großes Versprechen gaben: In diesem Sommer wird sich das Flugchaos vom vergangenen Jahr nicht wiederholen. Zeitgleich warnte die Flugsicherungsbehörde Eurocontrol vor genau diesem Szenario. Jetzt neigt sich die Hauptreisezeit dem Ende zu – und es lohnt eine erste Bilanz: Wie lief es im ersten (fast) normalen Reisejahr nach der Pandemie an deutschen Flughäfen wirklich ab?
Die gute Nachricht zuerst: Das Reisechaos, das sich im Jahr 2022 an vielen deutschen Airports ereignete, blieb aus. Ganz reibungslos lief es im Flugverkehr allerdings trotzdem nicht ab. Laut aktuellen Daten des Fluggastrechteportals “Flightright” ist in ganz Europa fast jeder dritte Flug (30,53 Prozent) mit einer Verspätung von mindestens 15 Minuten abgehoben. Auch im kürzlich erschienenen SITA-Bericht “Passenger IT Insights 2023” geben mehr als die Hälfte der Befragten an, von Verzögerungen oder Flugausfällen betroffen gewesen zu sein.
Wo es die meisten Flugausfälle gab
Laut Claudia Brosche, Fluggastrechtsexpertin bei “Flightright” gibt es dafür neben Personalmangel und einem hohen Reiseaufkommen im Sommer vor allem einen Grund: “Ein Großteil der Airlines hat ihre internen Probleme noch immer nicht vollständig behoben – ganz zum Leidwesen der Flugreisenden, die am Ende das Nachsehen hatten und sich mit langen Wartezeiten oder Flugausfällen herumärgern mussten.”
Aber auch der Klimawandel zeigte Auswirkungen auf den Flugverkehr: Waldbrände, Überschwemmungen oder andere Naturkatastrophen galten überdurchschnittlich häufig als Grund für Flugausfälle und Verspätungen. In Ländern wie Italien, Spanien und Deutschland gab es zudem wiederholt Streiks an Airports, die sich wiederum auch in der Statistik niederschlagen.
Mit einer Stornierungsrate von 1,48 Prozent landet Deutschland deshalb auf dem unrühmlichen dritten Platz der Länder mit den meisten Flugausfällen. Mehr Ausfälle gab es nur in der Schweiz (1,5 Prozent) und in Großbritannien (1,58 Prozent). Die Schweiz kann sich außerdem in Sachen Verspätung den Spitzenplatz sichern (34,32 Prozent), dicht gefolgt von Portugal (32,06 Prozent) und der Großbritannien (31,42 Prozent).
Rekordverdächtiger Sommer
Insgesamt waren allein für den Sommermonat Juli rund drei Millionen Flüge von und nach Deutschland geplant. Das entspricht rund 90 Prozent des Flugaufkommens von 2019. Im Hinblick auf den stagnierenden Personalmangel im Luftverkehr kam es dabei trotzdem immer wieder zu chaotischen Zuständen an Flughäfen. Vor allem am 6. Juli 2023 war das Flughafenpersonal gefordert. An diesem Tag gab es rund 35.000 kommerzielle Flüge über Europa – und damit so viele, wie vorher noch nie an einem Tag.
Und alle Prognosen für die Zukunft zeigen, dass die Reiselust so schnell nicht sinken wird. Die Flugreise bleibt trotz steigender Preise und möglicher Wartezeiten beliebt. Fluggastrechtsexpertin Claudia Brosche fordert deshalb in einer Mitteilung: “Fluggesellschaften sollten endlich handeln, um den versprochenen Service anzubieten, den sie sich mit erhöhten Ticketpreisen teuer bezahlen lassen. Schließlich haben Passagier:innen etwas Besseres verdient, als stundenlang am Flughafen zu warten oder verpasste Urlaubstage aufgrund einer Flugannullierung hinzunehmen.“
Quelle: Flightright, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, SITA, Eurocontrol
Quelle: Stern