Meinung
Camping in der Natur – ein Traum vieler, mein persönlicher Albtraum. Was romantisch klingt, ist doch langweilig, nervig und wenig geistreich.
Langsam erhellt das erste Tageslicht die unberührte Natur, Grillen zirpen, in der Luft liegt der Geruch des Sommers – hach, so stellt man sich doch den perfekten Camping-Urlaub vor. Gemütliches Entspannen weit entfernt von jeder Zivilisation, gemeinsam mit dem Lieblingsmenschen. Runterkommen vom stressigen Alltag. Besinnen auf das, was wirklich zählt.
Und dann streikt das Internet. Will man wieder mal richtig duschen. Oder auf Toilette gehen.
Ich gebe zu: Diese idyllische Romantik, die Camping seit jeher nachgesagt wird, erreicht auch mich. Aber eben nur die perfektionierte Traumvorstellung, niemals das echte Campen. Man möge mich Prinzessin auf der Erbse, aber ich ziehe mein Boxspringbett einer Isomatte vor. Die Vorstellung, die Gemeinschaftsdusche und -toilette mit anderen Campern zu teilen, treibt mir Schweißperlen auf die Stirn. Und ja, ich brauche nahtloses Internet. Wenn ich mir vorstelle, in der Einöde zu sitzen und maximales Rauchzeichen abgeben zu können, von Streaming erst gar nicht zu sprechen, fangen meine Nerven an zu flattern.
Camping – Rückenschmerzen, Mückenstiche und Langeweile
Als Kind und Jugendliche habe ich Urlaube in Zeltlagern verbracht und es war die Hölle. Wenn andere singend mit der Klampfe am Lagerfeuer saßen und fröhlich aus ihren Zelten kletterten, plagten mich nach der zweiten Nacht Rückenschmerzen, die ich sonst bis heute nicht verspüre, und der dringende Wunsch, dieser erzwungenen Gemeinschaft zu entfliehen. Außerdem war ich das Objekt der Begierde zahlreicher Stechmücken – was dazu gefolgt, dass meine Stiche leuchteten wie die ach so tollen Glühwürmchen, die man nachts sehen konnte.
Heutzutage sähe das vermutlich etwas anders aus, trotzdem würde ich mich ungefähr nach einer halben Stunde in der Wildnis fragen: und jetzt? Als ausgesprochener Nicht-Spa- und Nicht-Natur-Kenner field mir schnell nichts mehr zur Beschäftigung ein. Flora (Fauna lieber nicht) erkunden oder meditieren sind nicht mein Ding. Kumbaya singen? Nein, danke. Lieber streife ich durch Museen, Kirchen oder historische Stätten. Der Kopf braucht Nahrung und so.
Ja, ein Camping-Urlaub mitten in der Natur ist ein schöner Traum. Mehr aber auch nicht.
stern-Redakteurin Leonie Zimmermann hat eine andere Meinung. Sie sagt: Jeder von uns könnte eine Auszeit in der Natur gebrauchen. Ihr Plädoyer fürs Campen lesen Sie hier.
Quelle: Stern