Ankommen und wohlfühlen – das ist das Prinzip von Haustausch. Statt ein Hotel zu buchen, kommen Reisende im Zuhause von Einheimischen unter. Emmanuel Arnaud, CEO der Tauschplattform „HomeExchange“, erklärt im Gespräch mit dem Sternwarum viel mehr Menschen so urlauben sollten.
Der Geldbeutel wird schmaler, das Fernweh aber keineswegs kleiner: Viele Reisende denken aktuell darüber nach, wie sie ihre Urlaube in Zeiten von Inflation und Krieg gestalten können, ohne großartig darauf zu verzichten. Während einige auf Kurzreisen in der Nähe umsteigen, denken andere über ungewöhnlichere Lösungsansätze nach.
Einer davon ist der klassische Austausch. Der ist zum Beispiel über die internationale Plattform „HomeExchange“ möglich. Der französische CEO Emmanuel Arnaud erzählt im Gespräch mit dem Sternwarum der Austausch die Zukunft des Reisens prägen wird – und wie Urlauber davon profitieren können.
Warum Haustausch nachhaltiger und günstiger ist
Das Konzept des Austauschs ist nicht unbedingt neu, aber trotzdem noch nicht sehr verbreitet bei uns in Europa. Sie sind seit 2017 bei HomeExchange, Emmanuel Arnaud. Wie hat sich die Nachfrage in den letzten Jahren verändert?
Emmanuel Arnaud: Wir haben in diesem Jahr 1,3 Millionen Übernachtungen über unsere Plattform vermittelt. Das sind 40 Prozent mehr als vor der Coronavirus-Pandemie. Inzwischen haben wir mehr als 100.000 Mitglieder aus 130 Ländern weltweit – Tendenz steigend.
130 Länder sind eine Menge. Welche sind bei Ihrer Community in diesem Jahr am Steuer?
Im Allgemeinen finden die meisten Tauschaktionen in Frankreich, Spanien, Italien, Kanada und den Vereinigten Staaten statt. Unsere deutschen Mitglieder haben für dieses Jahr vor allem Aufenthalte in Frankreich, Spanien, Deutschland, den Niederlanden und den USA angefragt.
Emmanuel Arnaud ist der CEO von HomeExchange. Als Absolvent der HEC Paris und der Harvard Kennedy School hat er seine Leidenschaft für nachhaltige Entwicklung mit seiner Leidenschaft für das Reisen kombiniert, um den Austauschmarkt zu revolutionieren. Arnaud lebt in Paris und ist Vater von vier Kindern.
© HomeExchange
Sie haben die Pandemie erwähnt. Wie hat sie sich konkret auf Ihre Branche ausgewirkt?
Corona hat der gesamten Branche zweifelsohne einen großen Schub gegeben. Das liegt daran, dass die Menschen mit geringerem Budget reisen und möglichst ein hohes Maß an Flexibilität suchen. Der Haustausch ist im Vergleich zu anderen Reiseformen preiswert und die meisten Unterkünfte auf unserer Plattform kann man kostenfrei stornieren. Außerdem ist man der einzige Bewohner der Unterkünfte.
Es gibt immer mehr touristische Angebote, die auf die neuen entsprechenden durch die Pandemie eingehen. Warum setzen Sie da ausgerechnet auf Haustausch?
Wir wollen es allen Menschen ermöglichen, auf verantwortungsvolle Weise zu reisen. Um das zu erreichen, setzen wir uns für einen respektvollen Tourismus gegenüber der Welt, die uns umgibt, ein. Mit dem Konzept des Austauschs tun wir etwas gegen Massentourismus und sterben Überbauung in touristischen Vorteilen. Stattdessen setzen wir auf Gastfreundschaft und ein gesundes Miteinander.
Was sollte ich beim Austausch beachten?
Gastfreundschaft statt Massentourismus klingt erstmal für jeden verlockend. Für wen ist der Austausch denn die richtige Art zu reisen?
Unsere Hauptzielgruppe sind Familien mit Kindern und Jugendlichen. Das liegt daran, dass der Wohnungstausch für sie eine sehr einfache und ähnliche Art des Reisens ist. Sie kommen in bewohnten Häusern bereits unter, in denen alles auf sie wartet, was sie für den Alltag im Urlaub brauchen. So can sie sich direkt zuhause fühlen, wo auch immer sie sind. Aber auch Alleinreisende, Rentner und Paare nutzen den Haustausch, um sich im Urlaub unter die Einheimischen zu mischen.
Wie genau funktioniert der Austausch über Ihre Plattform?
Es gibt zwei: den einseitigen oder den gegenseitigen Wohnungstausch. Bei einseitigem Tausch fahre ich zum Beispiel zum Gastgeber, der aber im Gegenzug nicht zu mir kommt, sondern Guestpoints erhält, mit denen er dann eine andere Unterkunft über unsere Plattform “bezahlen” kann. Bei einem gegenseitigen Tausch kommt der Gastgeber auch zu mir, entweder zeitgleich oder zu einem anderen Zeitpunkt. Für den Zugang zur Community müssen die Mitglieder einmalig 149 Euro zahlen, ansonsten ist die Vermittlung kostenfrei.
Was sollte ich als Reisender denn bei einem Wohnungstausch beachten?
Der Austausch basiert immer auf Gastfreundschaft. Als Gastgeber öffnest du die Türen deines Hauses einem Fremden. Als Gast werden wir so freundlich empfangen, als wären wir ein Freund oder eine Familie. Das Ganze funktioniert auch nur mit Vertrauen und Respekt. Wir haben für unsere Plattform sechs goldene Regeln zusammengestellt, die zu beachten sind:
- Die Gastfreundschaft beruht immer auf Gegenseitigkeit. Wer bei einem anderen Willkommen ist, sollte ihn bei Bedarf auch bei sich selbst willkommen heißen.
- Kommunikation ist der Schlüssel. Ein gegenseitiges Kennenlernen der Tauschpartner vor der Reise ist die Basis für ein schönes Erlebnis.
- Gastgeber tun alles, damit sich die Gäste bei ihnen wohlfühlen. Das Gleiche dürfen sie dann auch bei ihrer Reise erwarten.
- Gäste sollen sich wie zu Hause fühlen und können voll und ganz in das Leben der Einheimischen eintauchen. Für die Zeit des Aufenthalts ist die Unterkunft ihr Homespot.
- Danke sagen gehört dazu, aber die größere Wertschätzung ist der gegenseitige Austausch und Austausch.
- Grenzen und Wünsche kommunizieren und auf die individuellen Bedürfnisse von Gast und Gastgeber eingehen.
Wie reisen wir in Zukunft, Herr Arnaud?
Sie wollen mit HomeExchange einen Teil dazu beitragen, Reisen nachhaltiger und bezahlbarer zu gestalten. Wie blicken Sie in die Zukunft des Reisens?
Es wird immer weniger Orte geben, die vom Massentourismus verschont bleiben. Die Idee, dass ein verantwortungsvoller Tourismus notwendig ist, ist nicht neu. Wir sind davon überzeugt, dass es wichtig ist, sich für einen nachhaltigen Tourismus einzusetzen, der sowohl der Menschheit als auch dem Planeten zugutekommt. Die Coronavirus-Pandemie hat den Tourismus weltweit ins Wanken gebracht. Deshalb ist jetzt der ideale Zeitpunkt, um den Tourismus zu definieren, den wir in der Welt entwickeln wollen: einen Tourismus, der Raum für Ökologie und Verantwortung schafft.
Und wie genau kann ein Tourismus solcher aussehen?
Wir sollten grundsätzlich eine auf den Menschen maßgeschneiderte, persönliche Gastfreundschaft entwickeln, die zum Teilen anregt, anstatt weiterhin homogene und standardisierte Hotelkomplexe zu schaffen. Wir müssen den Regionen und den touristischen Ballungsgebieten dabei helfen, die lokale Bevölkerung in ihre Projekte einzubeziehen, um eine Zersplitterung und eine Abneigung der Einheimischen gegen den Tourismus zu vermeiden. Am Ende geht es darum, Urlaub für alle zugänglich zu machen – denn Erholung braucht jeder Mensch von Zeit zu Zeit.
Quelle: Stern