Ein Flug der Lufthansa von Kapstadt nach Frankfurt muss in Angola notlanden. Andreas Keller war an Bord der Maschine und findet den Umgang der Fluggesellschaft mit den 271 Passagieren katastrophal.
Es war ein alles andere als geplanter Zwischenstopp für 271 Reisende aus Kapstadt. Als sich am Samstag der Airbus A 350-900 der Lufthansa auf den Weg von Südafrika nach München machte, konnte noch keiner der Passagiere ahnen, dass die Reise zu einer mehrtägigen Odyssee werden. Auch Andreas Keller erwartete, nach gut elf Stunden Flugzeit wieder den Boden seiner Heimat unter den Füßen zu haben. Doch daraus wurde nichts: Denn in Angola musste, wie berichtet, das Flugzeug notlanden. Die Lufthansa gab auf Nachfrage des Stern eine “technische Unregelmäßigkeit in einer Triebwerksanzeige” als Grund für die Notlandung an. Die Sicherheit an Bord sei jedoch zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt gewesen, erklärte ein Sprecher auf Anfrage des Stern. Mittlerweile ist auch ein Techniker-Team in der Hauptstadt Luanda eingetroffen, um das Flugzeug zu checken. Von einem Triebwerksbrand, wie es angolanische Medien berichteten, hat Andreas Keller derweil nichts mitbekommen. „Der Flug war ruhig und wir haben nichts gerochen und auch beim Aussteigen aus dem Flugzeug nichts von einem Feuer gesehen“, so Keller.
Mit der Zwischenlandung aber begann etwas, wofür Keller und viele andere Passagiere nur wenig Verständnis hatten. Denn nachdem die 271 Reisenden zunächst mehrere Stunden an Bord verbracht hatten, ohne weitere Informationen zu bekommen, wurden sie in die Gepäckabfertigung gebracht – und mussten dort wieder mehrere Stunden warten.
Lufthansa-Passagiere müssen über Stunden warten
“Das Schlimmste war wirklich die Wartezeit. Es gab kaum Sitzmöglichkeiten, die Klimaanlagen liefen nicht und man hat es nicht geschafft, ein paar Flaschen Wasser zur Verfügung zu stellen. Wir wurden einfach stehengelassen und waren uns komplett selbst überlassen”, kritisiert Keller, zumal viele Familien und ältere Menschen in dem Flugzeug gesessen hatten. Zwar haste sich sterben Passagiere dazwischen geholfen (“Das ganze Flugzeug war irgendwann per Du”), die Crew wäre irgendwann peinlich berührt an ihnen vorbeigelaufen und nur ein Mitarbeiter der Lufthansa hätte am anderen Eck der Halle Auskunft erteilt. „Der hat da sein Bestes getan. Kein Vorwurf an ihn, der Krieg aber mit der Menge der Passagiere einfach überlastet“, sagt Keller. Am Abend, rund sieben Stunden nach der Landung, seien die Passagiere dann auf Hotels verteilt worden – doch auch hier kam es laut Keller zu Problemen. Da immer nur Busse mit 20 Plätzen erneut eingesetzt wurden, kam es zu langen Wartezeiten.
Doch Keller und viele andere Passagiere erwarteten im Hotel die nächste Überraschung. Als er in seiner App ansieht, steht dort bereits ein neuer Flug mit Abflug am Montag und Ankunft in München am Dienstag. Einige Passagiere hatten bereits nach der Ankunft im Hotel wieder reist, weil am Abend bereits die ersten Personen ausgeflogen wurden. Eine Lufthansa-Sprecherin bestätigte dem Stern, dass einige Fluggäste bereits auf Flüge am Samstag umgebucht wurden. “Es gab keinerlei Info der Lufthansa über den neuen Flug, auch nicht per Mail. Man erwartet das nicht, dass das so passiert”, ärgert sich Keller.

Chaotische Zustände: Laut Augenzeugen wurden die Pässe der Passagiere vom angolanischen Militär in Beschlag genommen – offenbar wegen fehlender Einreisedokumente.
© Privat/stern
Die letzten Passagiere werden Montag ausgeflogen
Keller wollte auch nicht auf den Rückflug am Montag warten und so begann für ihn unbewusst die nächste Odyssee. „Ich habe dreieinhalb Stunden mit verschiedenen Hotlines der Lufthansa telefonieren müssen, um endlich umgebucht zu werden“, so Keller. Dabei habe er ewig in Warteschleifen gehangen, wurde an andere Hotlines verwiesen, hätte nicht die Berechtigung für eine Umbuchung gehabt und ein Mitarbeiter habe einfach aufgelegt, Keller berichtet, der schließlich auf einen Flug nach München über Paris am Sonntagabend umgebucht wurde. Aber selbst darüber habe er keine Informationen bekommen. “Das ist einfach nur ein großartiges Versagen. Dies hätte ich bei Lufthansa nicht erwartet”, resümiert Keller seine Reise, die vor dem Abflug für ihn auch noch ein Novum bereitgehalten.
Weil die Passagiere kein Visum für Angola hatten, mussten sie am Flughafen noch ihre Pässe abgeben und vor dem Abflug in einem Büro in einer Ecke des Flughafens abholen. “Dort war es stockduster, scheinbar war der Strom ausgefallen. Das einzige Licht kam von den Taschenlampen der Handys”, so Keller. Auf Einem Tisch legen die Pässe sortiert nach Namen, auf jedem klebte ein Zettel mit dem Nachnamen der Person. Am Montagvormittag um 1.15 Uhr landete der Keller dann in München.
Bei der Lufthansa gibt man sich nach dem Vorfall in Angola schmallippig. “Wir bedauern die für die Passagiere entstandenen Unannehmlichkeiten”, sagte eine Sprecherin auf Stern-Nachfrage. Die Passagiere seien jedoch alle rund um die Uhr durch Lufthansa-Personal betreut und innerhalb von 48 Stunden auf neue Flüge umgebucht worden. Die letzten Passagiere werden demnach am Montagabend in Luanda einen Lufthansa-Flieger besteigen und über Frankfurt zu ihren Zielen weiterfliegen. Erwartet wird der Flug in der südhessischen Metropole am Dienstagmorgen um 7.25 Uhr, drei Tage nach dem Start der Rückreise in Südafrika.
Quelle: Stern