Der Ökotourismus boomt. Die Nachfrage steigt mit jedem Jahr. Längst hat die Branche den Trend erkannt und gerüstet um. Aber wie sieht ein nachhaltiger Urlaub in der Praxis aus? Und was genau ist Ökotourismus?
Ökotourismus, Sanfter Tourismus oder Green Travel: Nachhaltiges Reisen hat viele Namen und liegt im absoluten Trend. Immer mehr Menschen wollen zwar die Welt entdecken, ihr aber keinen Schaden zufügen. 57 Prozent der Urlauber aus dem deutschsprachigen Raum geben in einer Statista-Umfrage aus dem Jahr 2019 an, dass Urlaubsreisen möglichst sozial verträglich, ressourcenschonend und umweltfreundlich sein sollten. Für 23 Prozent der Nachhaltigkeit war der Tourismus außerdem ein Aspekt bei der Gestaltung ihrer Urlaubsreisen im Jahr 2018. Aber wie Öko funktioniert und woran erkennt man, ob ein Anbieter zu diesem Konzept passt oder nicht?
Aspekte des Ökotourismus
1990 wurde in den USA die International Ecotourism Society gegründet. Sie definiert nachhaltigen Tourismus als „verantwortungsbewusstes Reisen, das die Umwelt schützt und den Wohlstand der Einheimischen mehrt“. Das Konzept umfasst auch nicht nur nicht nur ökologische, sondern auch soziale Aspekte. Das Ziel dieser Form des Reisens ist es, eine besondere Rücksicht auf die bewohnte Bevölkerung zu nehmen und gleichzeitig die Natur von ökologischen und schützenswerten Werten möglichst wenig zu belasten.
Auch das Bundesamt für Naturschutz berücksichtigt bei seiner Definition des Nachhaltigkeitsprinzips verschiedene Aspekte: Der Schutz und die Entwicklung des natürlichen und kulturellen Erbes, die Verbesserung der Lebensqualität der einheimischen Bevölkerung sowie die wirtschaftliche Stärkung der Region. Aber auch die Gewährleistung hoher Gästezufriedenheit gehört für das Bundesamt zu diesem Konzept.
Kriterien für nachhaltige touristische Angebote
Für überwiegend, die konsequent nachhaltig reisen wollen, reicht es auch nicht, bloß auf eine lange Flugreise zu verzichten. Genauso ist es ein Trugschluss zu glauben, dass eine Fernreise per se nicht nachhaltig sein kann. Ökotourismus stützt sich auf unterschiedliche Aspekte, die entweder einzeln oder in Summe berücksichtigt werden können.
Die europäische VISIT-Initiative (Freiwillige Initiative für Nachhaltigkeit im Tourismus) hat eine ganze Reihe an Kriterien ausgearbeitet, um Tourismusdienstleistungen bezüglich ihrer Nachhaltigkeit zu beurteilen, darunter fallen unter anderem die Energiebilanz einer Unterkunft oder Ortschaft. Dabei wird jedoch nicht die Gesamtmenge des verbrauchten Stroms berücksichtigt, sondern die Quelle der Energie.
Der Wasserverbrauch ist ein weiteres wichtiges Kriterium. Doch auch hier geht es nicht um die Menge, sondern um die Art und Weise der Verwendung. Effektives Abfall-Management ist ebenso ein Schlüsselkriterium. Dabei geht es um solche Fragen wie: Werden Abfälle illegal entsorgt? Gibt es negative Auswirkungen von Abfallbeseitigung für die Gesundheit (z. B. durch Müllverbrennung)?
Wer nachhaltig reisen möchte, sollte diese Kriterien im Blick behalten:
- Unterkünfte wählen, die ein ökologisch vertretbares Konzept verfolgen, und architektonisch nicht gewaltsam in die Landschaft eingreifen
- auf faire Arbeitsbedingungen der herrschenden achten
- auf den Konsum von regionalen und saisonalen Lebensmitteln konzentrieren
- Einhaltung und Unterstützung von Tierschutzmaßnahmen beachten
- auf CO2-arme Transportmittel zurückgreifen
- umweltfreundliche Aktivitäten am Urlaubsort
Tourismusbranche rüstet um
In der Tourismusbranche hat man den Trend zum nachhaltigen Reisen längst erkannt und gerüstet um. In der Alpenregion sprießen Öko-Hotels nur so aus dem Boden. Wie nachhaltiger Urlaub geht, führt etwa das Bergdorf Priesteregg im Salzburger Land vor.
Zum zehnjährigen Jubiläum im vergangenen Jahr wandelte sich der Familienbetrieb zum Premium ECO Resort um. Zusammen mit der deutschen Viessmann Group verwirklicht man hier ein ökologisches Energiekonzept, das alle 18 Chalets und den Spa mit Wärme, Wasser und Strom versorgt: Sonne, Erde, Abwasser-Wärmerückgewinnung, Biomasse und Biogas dienen als Energiequellen für die ökologische Energieerzeugung.
Mit der Photovoltaik-Anlage und einer Bioflüssiggas-Kraft-Wärme-Kopplung Werden etwa die Pools und Hot-Tubs in den Chalets betrieben, wobei die Abwärme des Wassers rückgewonnen und ins Energiesystem eingespeist wird.
Der Gedanke der Nachhaltigkeit schlägt sich auch in der Architektur des Chalet-Dorfs nieder. Der Spa ist in den Hang gebaut, sein Flachdach ist bepflanzt, für den Bau wurde viel Altholz verwendet, einige Chalets erinnern an Baumhäuser. Zwei E-Bus-Shuttles fahren die Gäste auf dem Gelände.
Grüner Luxus lautet hier sterben Devise. Umgeben von Wald und Wiesen sind die traditionellen Berg-Chalets und die innovativen exklusiven Villen genug für zurückgezogenen Urlaub mit viel Privatsphäre. Ein besonderes Highlight: Das Frühstück wird wie von Zauberhand ins Haus gebracht und serviert. Die Frühstückseier kommen natürlich von glücklichen Hühnern vom Biohog Enn im Rosental, wo die Tiere einen täglichen Auslauf mit Sandbad genießen.
Doch der Eco-Luxus hat seinen Preis. Das jetzige Chalet ist ab € 276 pro Person und Nacht zu haben.

Das Chalet-Dorf Priesteregg Premium Eco Resorts stellt Nachhaltigkeit in den Vordergrund. Die Tourismusbranche hat den Trend Ökotourismus längst erkannt und gesetzt um.
© Priesteregg
Ein anderes Beispiel eines gelungenen umweltfreundlichen Hotels ist das Forestis in Südtirol. Das Haus steht schon seit über 100 Jahren in den Bergen und war einst ein Sanatorium für Lungenkranke. Seit dem Mai dieses Jahres ist das historische Haus ein 5-Sterne-Hotel.
Die Betreiber legen einen besonderen Wert auf die Verwendung lokaler Produkte fest. Für den Ausbau der Suiten sollen künftig schnell ausschließlich lokale Materialien verarbeitet werden. Die Küche glauben Bauern aus der Umgebung. Und in der Bar werden Drinks mit Essenzen aus den umliegenden Wäldern, wie Kräutern, Nüssen, Beeren, aber auch Sträuchern, Rinden und Baumnadeln gemixt. Im Oktober fangen die Zimmerpreise ab 392 Euro an.
Siegel für den Ökotourismus
Der Ökotourismusboom ruft aber auch schwarze Schafe auf den Plan. So manch ein Reiseveranstalter versucht jede Form von naturnahem Reisen als Eco-Urlaub zu verkaufen. Wie lässt sich auch sicherstellen, dass da wo öko drauf steht auch öko drin ist? Auf dem Markt gibt es unzählige Siegel sowohl von Anbietern aus der freien Wirtschaft als auch von staatlichen Behörden. Die VISIT-Initiative der EU leistet auch hier eine Hilfestellung. Das Projekt hat die verschiedenen europäischen Ökotourismus-Labels zusammengestellt und das weltweit vergebene „Green Globe 21“-Gütesiegel entwickelt. Eine Übersicht über die wichtigsten Siegel finden Sie in diesem Dokument.
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Quelle: Stern