Manchmal ist es gar nicht so einfach, von einer Insel wegzukommen. Zu Ferienbeginn wurden am Samstag rund 10.000 Reisende im Hafen von Dover erwartet. Und die braucht Geduld.
Vor der Überfahrt nach Frankreich haben etliche Reisende vor dem ausdrücklichen Hafen Dover am Samstag erneut lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Hafen-Chef Doug Bannister warnt vor Verzögerungen von bis zu sechs Stunden.
Hohes Reiseaufkommen und wegen des Brexits nötige zusätzliche Grenzkontrollen haben in Großbritannien zu langen Staus auf dem Weg über den Ärmelkanal nach Frankreich geführt. Gewerkschaften, Hafenverwaltungen und die französischen Behörden waren sich am Samstag einig, dass der Grund dafür vor allem Großbritanniens Austritt aus der EU sei. Die britische Außenministerin Liz Truss gab dagegen Frankreich die Schuld.
Gegenseitige Schuldzuweisung für Stauverursachung
Autos und Lastwagen warten am Hafen von Dover in kilometerlangen Schlangen. Am Samstag erklärt die Fährgesellschaft P&O Ferries, für den Weg zum Hafen und die Sicherheitsüberprüfungen werden eine Zeit von drei bis vier Stunden benötigt. Am Freitag waren es sechs und mehr.
Die französischen Grenzbehörden seien unterbesetzt, erklärte Truss, die sich um die Nachfolge von Premierminister Boris Johnson bewirbt. Paris sollte etwas unternehmen, “um die schreckliche Situation zu lösen, mit der Reisenden, einschließlich Familien, konfrontiert sind”.
Der Präfekt der Region Hauts-de-France, Georges-François Leclerc, sagte hingegen, Frankreich habe “seine Aufgabe erfüllt”, indes es sein Grenzpersonal in Dover von 120 auf 200 Mitarbeiter aufgestockt habe. Aber wegen eines Unfalls am Freitag sind französische Grenzbeamten mit Verspätung an ihren Posten in Dover gelangt. Dies habe für Verzögerungen gesorgt.
Der französische Verkehrsminister Clément Beaune erklärte, die französischen Behörden seien “mobilisiert”, um den Verkehr zu erleichtern. Allerdings sei Frankreich “nicht für den Brexit verantwortlich”.
Mehr Bürokratie durch Brexit
Mit dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union im vergangenen Jahr wurden Grenzkontrollen und zusätzliche Formalitäten für den Güterverkehr wieder eingeführt. An der Zufahrt zum Hafen von Dover hatte es deshalb in den vergangenen Monaten immer wieder Staus insbesondere für Lastwagen gegeben. Hinzu kommt nun der Ferienverkehr, der vergangene Sommer wegen zahlreicher Corona-Einschränkungen nicht so stark gewesen war.
Auch der französische Abgeordnete Pierre-Henri Dumont, zu dessen Wahlkreis der französische Kanalhafen Calais gehört, nannte das Reisechaos „eine Folge des Brexit“. „Wir müssen mehr Kontrollen durchführen als zuvor“, sagte er der BBC. Staus werde es nun immer wieder geben.
Der Hafendirektor von Dover, Doug Bannister, sprach zunächst ebenfalls von einem Mangel an französischem Grenzschutzpersonal. Er räumte jedoch ein, dass es nach dem Brexit nun „erhöhte Transaktionszeiten“ gebe. Lucy Moreton von der unterzeichneten Gewerkschaft ISU, die Grenz-, Einwanderungs- und Zollbediensteten vertritt, sagte, die Staus seien eine „einigermaßen vorhersehbare“ Folge des schriftlichen Austritts aus der EU.
Hier, als Kontrast zum stressigen Reisen, ein Video zum Träumen: Das berühmte Stonehenge, ein Blick auf die Milchstraße oder der Pier von Herne Bay: In den Aufnahmen von Fotograf Chris Cork zeigt sich der britische Nachthimmel von seiner schönsten Seite.
Quelle: Stern