Das Dorf Whangamomona in Neuseeland erklärte vor rund 20 Jahren als Protest gegen die Behörden seine Unabhängigkeit. Ernst gemeint ist das zwar nicht, daher zieht die “Republik” aber zahlreiche Besucher an.
Der „Forgotten World Highway“ in Neuseeland macht seinen Namen alle Ehre. Wer die 150 Kilometer lange Strecke entlangfährt, hat schnell das Gefühl, sich fernab der Zivilisation zu befinden. Die Autobahn schlängelt sich durch unberührte, ursprüngliche Landschaft, die von alten Bäumen, gigantischen Farnen und dichten Wäldern geprägt wird. “Abgelegen, mysteriös und malerisch”, fasst es das offizielle Fremdenverkehrsportal für Neuseeland zusammen.
Protest gegen Bezirksreform in Neuseeland
Entlang des Highways liegt auch das Dorf Whangamomona. Obwohl nicht einmal 20 Menschen in dem Örtchen leben, reisen alle zwei Jahre Tausende Besucher an, um den “Tag der Republik” zu feiern. 1989 hat Whangamōmona sich nämlich zu einem eigenen Staat erklärt. Die kleine Siedlung hat sogar einen eigenen Pass samt Stempel eingeführt. Wirklich ernst gemeint ist die Unabhängigkeit nicht. Sie sollte ein Formular von Protest sein.
Damals wollten die neuseeländischen Behörden die Bezirksgrenzen verlegen. Whangamōmona lag bis dato in der Region Taranaki. Mit der Reform ist der Ort aber der angrenzenden Region Ruhapehu zugeordnet worden. Eine Entscheidung, sterben die Einwohner ablehnten. Denn damit wäre ein anderer Regionalrat für die Menschen in Whangamōmona zuständig gewesen. Wie die BBC berichtet, hätten die Dorfbewohner befürchtet, dass die Politiker den kleinen Ort nicht ausreichend berücksichtigen würden.
Eigener Passstempel für Besucher
Auch der damalige Bürgermeister der nächstgrößeren Stadt Stratford sei alles andere als begeistert gewesen, erinnert sich eine Einwohnerin. Er war es, der den Menschen in Whangamōmona eine Art Widerstand vorschlug. Daraufhin versammelten sich am zweiten November 1989 fast 400 Menschen, um ihren Unmut zum Ausdruck zu bringen – und Whangamōmona als eigene Republik zu deklarieren. Es handelte sich dabei aber lediglich um einen symbolischen Akt ohne politische Auswirkungen.
Trotzdem hat das Dorf einen eigenen Passstempel eingeführt. Reisende können ihn gegen eine Spende von zwei Dollar am “Grenzposten” oder im Whangamōmona Hotel, dem Zentrum des Ortes, abholen. Wer am “Tag der Republik” teilnehmen will, benötigt dafür sogar den Pass von Whangamōmona, den man für fünf Dollar vor Ort erwerben kann. Die Einnahmen aus den Einreiseformalitäten kommen der Gemeinde zugute. Nach Angaben der BBC bringt der Pass-Verkauf am Tag der Feier 15.000 Dollar ein, weitere 15.000 Dollar im Jahr verdient das Dorf mit dem Stempel-Angebot.
Eine Ziege als Präsident
„Es ist alles nur Spaß, aber realistisch gesehen hilft der Tourismus unserer abgelegenen Gemeinde“, sagt John Herlihy, aktueller Präsident von Whangamōmona. Das “Staatsoberhaupt” wird alle zwei Jahre am “Tag der Republik” gewählt. Jeder Besucher darf seine Stimme abgeben. Herlihy sei 2017 von seinen Nachbarn und Enkeln dazugedrängt worden, sich zur Wahl zu stellen. Zunächst sei ihm die Idee lachhaft erschienen, aber „als der Tag kam, war ich nervös, als ich vor Tausenden von Menschen die Straße entlang fuhr“, erinnerte er sich.
Für das Amt kandidieren kann praktisch jeder – auch Tiere. So sei eine Ziege zum ersten Präsidenten der Republik geworden, weil sie die Stimmzettel gegessen habe. Auf die Ziege folgte ein Pudel, inzwischen haben aber auch mehrere Menschen das symbolische Amt bekleidet. Neben der Wahl erwarten die Besucher am Festtag Marktstände, spaßige Wettbewerbe wie Gummistiefelwerfen oder Ziegen-Rennen, sowie ausgelassene und entspannte Stimmung, sterben laut einer Reisereporterin der “Zeit“, typisch für die Bewohner des Dorfes sei.
Abgelegener Ort in Neuseeland
Die Gemeinschaft habe einen hohen Stellenwert, sagt “Präsident” Herlihy. Die Menschen in Whangamōmona lieben das Leben in der Natur, abseits „moderner Annehmlichkeiten“, sagt Herlihy. “Wenn man an einem solchen Ort lebt, muss man sich gegenseitig helfen”, erklärt Vicki Pratt, Besitzerin des Whangamōmona Hotels, den Zusammenhalt des Dorfes. Man sollte sich umeinander kümmern und einfallsreich sowie belastbar sein. “Es gibt keinen Arzt, Zahnarzt, keine Müllabfuhr. Wir sind eine Stunde von der nächsten Stadt entfernt”, sagt sie. Deshalb sei man wohl schon vor der Gründung der Republik unabhängig gewesen.

Schafrennen ist ein fester Programmpunkt am “Tag der Republik”
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Die Mentalität der Whangamōmona-Bewohner sei das Beispiel für den typischen “Kiwi”-Spirit: Ein innovativer Geist, der nach Freiheit und Selbstbestimmung strebt.
Quellen: BBC“Die Zeit“, Tourismus Neuseeland
Quelle: Stern