Kuriose Funde in der zukünftigen Präsidentenmaschine und ein Mitarbeiter mit positivem Drogentest: Der Innenausbau zweier Jumbojets zur neusten Force One setzt Boeing unter Druck.
Nach dem Desaster um die Boeing 737 Max und den Auslieferungsstopp für die Boeing 787 „Dreamliner“ hat der Flugzeugbauer aus Chicago ein weiteres Problem. Es geht um einen prestigeträchtigen Auftrag, um die beiden neuen Jumbojets, die den US-Präsidenten zu Staatsbesuchen fliegen sollen.
Wenn Joe Biden zu einem Auslandstermin fliegt und dabei längere Strecken zurücklegen muss, nutzt er die Air Force One. Doch die zwei auf der Andrews Air Force Base in Maryland zur Verfügung stehenden Exemplare sind bereits in die Jahre gekommen. Es handelt sich um die modifizierte Boeing 747-200. Dieser Flugzeugtyp wurde von fast allen kommerziellen Fluggesellschaften für den Passagierverkehr längst aus dem Verkehr gezogen. Die beiden Jets für den Präsidenten der USA haben mehr als 30 Jahre auf dem Buckel: Der mit der Kennung 82-8000 (Baujahr 1987) ist seit September 1990 im Einsatz, der mit der Kennung 92-9000 seit März 1991.
Ablieferungstermin ungewiss
Bereits 2009 machte sich die Air Force auf die Suche nach einem Nachfolger. Damals gab es die Boeing 747-400, und Boeing verzeichnete erste Bestellungen für die Weiterentwicklung, für die Boeing 747-8. Anfang 2018 fällt die Entscheidung auf zwei Exemplare für diese jüngste Variante des Jumbojets als zukünftiges Transportmittel für US-Präsidenten.
Der Auftrag soll nach Angaben der “BBC” ein Volumen von 3,9 Milliarden US-Dollar haben. Denn im Gegensatz zur Passagierausführung werden die beiden Jumbojets zu mehr als nur fliegenden Kommandoständen ausgebaut. Zur Ausrüstung gehören auch umfangreiche Selbstverteidigungssysteme und ein medizinisches Zentrum inklusive Operationssaal.
Boeing-Werk in San Antonio, Texas
Der Innenausbau erfolgt seit einigen Jahren mit der von Boeing beauftragten Firma GDC Technics in Texas. Dort verliefen die Arbeiten an dem prestigeträchtigen Projekt nicht immer reibungslos: Es kam zu Terminverzögerungen, Pleiten und Vertragsbrüchen. Beide Unternehmen verklagten sich gegenseitig.
Jetzt wurden neue Pannen bekannt, die sich laut dem „Wall Street Journal“ im ersten Quartal dieses Jahres im Boeing-Werk in San Antonio ereigneten. Zweimal sei es beim Aufbocken bei einem der Flugzeuge an den Hubvorrichtungen zu falschen Belastungen gekommen, sterben den Rumpf beschädigt haben can. „Die Situation wurde korrigiert und Maßnahmen ergriffen, um ein erneutes Ereignis zu verhindern“, sagte ein Sprecher der Air Force gegenüber der Website „The Hill“ in Washington DC.
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Außerdem wurden im Inneren der zukünftigen Präsidentenmaschine leere Tequilaflaschen gefunden. Der Genuss von Alkohol ist in Flugzeughangars strengstens verboten. Bei einer Person sei außerdem ein routinemäßiger Drogentest positiv ausgefallen, berichtet das “Wall Street Journal”. Für das mit den beiden Flugzeugen beschäftigte Personal gelten angeblich besondere Sicherheitskriterien.
Zwei Jumbojets – gemacht für Russland Die einst für die russische Fluggesellschaft gebaute Boeing 747-8 startete im März 2019 nach der Einlagerung in Victorville in Kalifornien zum Flug nach Texas, wo der Umbau zur Air Force One erfolgen soll. © Gene Blevins/Zuma Press/Picture Alliance
Neben der durch die Pandemie verzögerten Umbauarbeiten und weiteren Kostensteigerungen auf 5,3 Milliarden US-Dollar wird der Auslieferungstermin für 2024 nicht mehr zu halten sein. Experten gehen von einer Verzögerung von mindestens 17 Monaten aus – Fertigstellung weit nach den nächsten US-Präsidentschaftswahlen im November 2024.
Ironie der Geschichte: Beide Jumbojets waren im Werk Renton im Bundesstaat Washington für die russischen Transaero Airlines produziert worden. Die Fluggesellschaft musste jedoch 2015 Insolvenz anmelden. Die bestellten Flugzeuge mit den Kennungen N894BA und N895BA wurden nicht mehr ausgeliefert, sondern in der Wüste eingelagert, ehe sie von Air Force und Secret Service als Grundlage für die beiden neuen Air Force One erworben wurden.
Joe Biden wird in seiner momentanen Amtszeit auch weiterhin mit den betagten Exemplaren der Air Force One fliegen müssen.

Lackierung in den türkischen Farben und dem Schiftzug “Türkiye Cumhuriyeti”: “Republik Türkei”, die rot-weiße Boeing 747-8 von Recep Tayyip Erdoğan.
© Metin Aktas / Picture Alliance
Der türkische Präsident Erdogan fliegt schon seit mehr als drei Jahren mit einer zum Salonflugzeug umgebauten Boeing 747-8 mit VIP-Einrichtung, inklusive mehrerer Konferenz- und Speiseräume. Der XXL Businessjet mit der Registrierung TC-TRK ist ein Staatsgeschenk des Herrscherhauses von Katar an die Türkei.
Quellen: www.wsj.com, https://thehill.com, https://simpleflying.com
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Quelle: Stern